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Ankerplatz

Ankerplatz

05:59 Irgendwas hat mir den Bauch zerstochen, der Wind heult durch das Rigg der Lady und ich bin ,schwupps, einfach wach. Zwei Tage ist es her, das Christian, der Chiropraktiker vom Boot nebenan meinen Ruecken bearbeitet hat und seit dem Knack auf seiner portablen Klappliege auf dem Anleger vorm Dorf (Alle Yachtis hingen neugierig mit den Fernglaesern im Cockpit) in meinem Ruecken kann ich wieder fast oder ertraeglichen Schmerzen und ohne Schmerzmittel laufen und Dinghy fahren. Ohlala, sagt der Franzose und nach gut drei Wochen ist es mir jetzt sogar wieder moeglich am Computer zu sitzen. Beim naechsten langen Toern werden jeden Tag Yogauebungen absolviert. So etwas passiert mir nicht noch einmal.

Es ist wie der deutsche Herbst, hier in Mangareva. Der Wind heult mit 25 Knoten durchs Rigg, den ganzen gestrigen Tag hat es geregnet und viele Wege haben sich in einen Schlammpfad verwandelt. Das Leben steht dann einfach, weil keiner so schlechtes Wetter gewohnt ist, nur der einsame Meterologe von France Meteo laesst weiter jeden Tag um Punkt 00:00:00 UTC seinen kleinen Wetterballon mit Heliumgas gefuellt, auf 25 km Hoehe steigen, der ihm 2 Stunden lang die Daten zur Erde funkt. 2 mal drei Jahre schon sitzt der nette Franzose dort oben auf dem Berg und schaut sich tagsueber die Wolken an, nachts vielleicht die Sterne. Das bekommt er sogar bezahlt, so gut wahrscheinlich, dass er sich in der Heimat Nizza davon ein Haus bauen kann.

Auf der Lady ist die Stimmung immer noch nicht ganz wie frueher. Uns plagt das Heimweh, jetzt wo wir merken wie weit weg wir von zu Hause und unserer Familie sind. Da hilft das Mail von Mark, das er uns diesen Winter doch nicht auf Thaiti besuchen kann, auch nicht gerade weiter, macht uns eher fuer Tage traurig. Im Dorf gibt es nirgendwo einen Platz mal ins Internet reinzuschauen, wir sind wirklich am Ende der Welt angelangt. Da sind zum Glueck die ganzen anderen Segler, doch es ist nicht wie in Panama, wo mal mal eben seinen Frust mit einem Einkaufsrausch wegblasen konnte oder man zumindest wusste, dass fuer 900 Dollar ein Flug nach Europa jederzeit moeglich ist. Nein, es ist anders hier. Man kommt an Land, wird freundlichst empfangen und umsorgt, alles richt nach Heimat, die Haeuser teils wie in der Bretagne, der franzoesische Gendarm, das franzoesische Baguette, in den Vorgaerten ein Blumentopf neben dem anderen, es richt nach gutem Essen und am Sonntag geht man alle Mann zusammen in die Kirche. Ist es da ein Wunder, wenn man Heimweh bekommt?

Mark, der kanadische Segler, zwei Boote weiter, hat sein Trimaran mit Freund hier zurueckgelassen um irgendwo in Amerika irgendwas zu erledigen. Ein Jahr spaeter kommt er zurueck, der bezahltre Freund ist weg, mit ihm seine Stereoanlage, sein Bettzeug, seine Segel, sein saemtliches laufendes Gut, seine Sonnenpanele, sein Dinghy... einfach alle was wirklich nicht Niet- und Nagelfest war. Der Trimaran ist hin und Mark kommt mit Luftfracht fuer 3000 USD angeflogen, Ersatzteile, um den Termin zu schaffen, am 20ten Mai muss er franzoesisch Polynesien verlassen haben. Alle helfen ein bisschen. Als Gegenleistung gibt es ein paar Dollars, die das Leben einfacher machen, den 2 US- Dollar 40 fuer eine Dose HIANO Bier hat kein Segler in seinem Bootsbudget geplant. Ich baue ihm neue Batterien ein und versuche aus der zerfetzten Bordelektronik wieder eine funktionstuechtige Anlage zu machen. Den Diesel haben wir schon letzte Woche wieder zum Laufen gebracht. Die anderen helfen beim Neuriggen und wundersam wird aus dem Wrack jeden Tag mehr wieder ein seetuechtiges Schiff. Wenn ich dann den ganzen Tag unterwegs bin faengt Natale mich langsam wieder an zu vermissen; fuenf Wochen nur auf See sind noch nicht wirklich ueberstanden, besonders nicht der Unfall mit meinem Ruecken.

Langsam wird es hell auf der Insel Mangareve und es Zeit die Mails fertigzumachen. Immer nach Sonnenaufgang, nach Sonnenuntergang ist es die richtige Zeit mit dem Pactormodem und dem Kurzwellengeraet fuer ein paar Minuten Verbindung mit Amerika aufzunehmen und schnell ein paar Mails zu senden und zu empfangen. Doch es schreiben immer weniger unserer Freunde. Wahrscheinlich denken sich alle: >>Ach die sind ja eh gluecklich in der Suedsee, um die braucht man sich jetzt nicht mehr zu kuemmern.<<, besonders Natale leidet im Moment unter diesem Syndrom ihrer Freunde. Ich habe mich schon eher dran gewoehnt. Man kann nicht alles haben, so wie man auch nicht jede Insel im Pazifik besuchen kann und viele der alten Freundschaften schlafen halt ein, die Mails werden immer seltener, eine andere Seite der Medaille.

25 Knoten wind soll es heute geben und ich habe unseren Windgenerator
noch nicht ins Rigg gehaengt. Schon seit Tagen hab ich es mir
vorgenommen, so wie die Motorinspektion, die Inspektion der
Petroleumbrenner am Herd und und und... Es ist so zeitlos hier, man verliert seine eigenen Ziele, seine Motivation, setzt sich auf einen Stein an der Lagune und schaut einfach dahin, wo der Passat kommt, geniesst es zu Leben, nimmt sich ein Buch und verschenkt einfach ein paar Stunden des restlichen Lebens ins Nichtstun...



  • 05:59
  • 06.05.2003
  • 23°06.93S, 134°58.05'W
  • Mangareva/Gambier
  • -
  • 24°C
  • SE 4
  • 0,5

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