Graciosa

08:59 Eigentlich sollte das ja der Bericht von gestern sein, aber da kamen mir dann Renate und Jochen von dem 50 Fuss Katamaran Vertigo in die Quere. Frau, sind die nett, die Beiden! So nett, dass ich sie fuer abends zum Tee eingeladen habe. Es wurde laenger, wie immer. Die beiden waren vor ein paar Jahren schon in der Karibik und erzaehlten sehr viel. Das Wasser lief mir aus den Mundwinkeln und langsam die Brust runter, bildete einen See in Plicht und verschwand in den Lenzrohren...

Papa hat mir heute Morgen die letzten Gaestebucheintragungen geschickt. Hmm, das motiviert ja schon. Jedenfalls mehr, als wenn er mir aktuelle Boersendaten schickt. Gott bin ich froh, keine Internetconnection, sondern nur Mailconnection zu haben.

Wiesel Skipper hat gestern die Elektronik mit dem Loetkolben und Schraubenzieher auf Vordermann gebracht. Das Problem ist nicht Kabelklemmen nachzuziehen und kalte Loetstellen nachzuloeten, sondern genau diese Stellen im Boot zu finden. Der blanke Horror, wenn ein Kabel am Bootsrumpf einen Kriechstrom verursachen wuerde und das Metall an dieser Stelle einfach durch Elektrolyse wegrosten wuerde. Stunden spaeter schrubbe ich das Deck der Lady mit Salzwasser, weil hier Wasser Mangelware ist. Hmm. Da muss ich mich auch erst mal dran gewoehnen.

Die Sonne brennt gerade durch die Luke auf mein Gesicht und meint, dass ich viel besser mit dem Dinghi anlanden koennte, duschen koennte, Kaffee trinken gehen koennte... Koennte. Liebe Sonne, lass mich doch einfach noch ein paar Saetze schreiben, laeuft gerade so gut aus dem Kopf durch die Arme in die Finger und ueber den Satellit ins Netz. Netzwahn, Schreibwahn.

Der Ankerplatz hier ist himmlisch. Bei der Ankerkontrolle war ich zwar ein wenig entaeuscht ueber das ganze Plankton im Wasser, die Sicht ist maximal 10 Meter, aber die Kanaren sind bekannt dafuer nicht gerade kristallklares Wasser zu haben.

Ankern ist eh was ganz anderes als im Hafen zu liegen. Nein, Guido nicht nur wegen dem Geld ;-), sondern weil man so schoen alleine sein kann, da muss man erst mal mit klarkommen. Ist aber der erste Tag erst einmal hinter sich gebracht, zeigt es sich sehr schnell, ob single-hand-ankerplatztauglich! Nein, dass hat nichts mehr, aber auch gar nichts mehr mit dem Konsumterror und Reizueberflutung in Deutschland zu tun. Auseinandersetzung mit sich selbst, seinen eigenen Gedanken, Gefuehlen, Wuenschen und Gegebenheiten. Das praegt. Auch das ist Fahrtensegeln. Es ist schoen. Einfach schoen.