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Luftdruck gleichbleibende

Luftdruck gleichbleibende

22:09 Nix aendert sich, ausser das der Passat nen bisschen einschlaeft, wie immer nachts. Wir schlagen uns durch die Nachtwachen. Die Lady rollt und wir in der Koje, die Traeume dazu. Bei Sonnenaufgang sollte Land in Sicht kommen, aber bis dahin ist es noch weit hin. Ich gehe wieder nach draussen neue Sterne suchen und Sternschnuppen fuer meinen Vater fangen, der Morgen am Ruecken operiert wird, damit er schnell wieder gesund wird.

15:03 Aufgewacht? Nachmittags? Genau so ist es. Wieder auf See, wieder die Nachtwachen, wir sind es eigentlich unsagbar leid, doch nichts ist daran zu aendern. Eine Weltumsegelung ist toll ;-) Das war jetzt etwas ironisch, auch wenn man das ja nicht beim Schreiben tun soll...

Ich habe mich mit dem Schlepptop in die Ecke unserer Salonspielwiese aus Matratzen, Kissen, Lonely Planets, Pilotbuechern, Karten von den Tuamotus und Unmengen von angefangenen Buechern gequetscht. Am Kartentisch kann ich mit meinem Rueckenischiasproblemen nicht sitzen, hier geht es gerade so in etwa. Es ist Sonntag. Das Wetter ist reinstes Passatwetter, etwas schaukelig, mit 18 Knoten Wind und Passatwoelkchen am Himmel. Es ist Sonntag und morgen kommen wir an. Wir haben vom Segeln nun nach fuenf Wochen ehrlich die Nasen ziemlich voll und brauchen auch gerade nach den eigenartigen Begegnungen mit den Pitcairnern die Ruhe der Gambier Islands. Hoffentlich wird das auch so, wie wir uns dass so vorstellen ;-)

Dreckige Waesche stapelt sich in der Vorkoje, unsere Trinkwasservorraete verschrumpfen und auch die Qualitaet des Wassers verschlechtert sich, da es von den Kanistern an Deck ist. Es wird Zeit anzukommen.

Meine Gedanken drehen sich nun viel um unseren zukuenftigen Alltag. Es aendert sich einiges, da wir von Sueden durch die Tuamotus nach Norden segeln wollen, unklar zwar welche Inseln wir besuchen werden, doch sehr klar, dass es die Insel mit den Lagunen sein werden. Alte Weltumsegler haben die Tuamotus gemieden wie die Pest, weil schlecht kartographiert mit dem Sextanten einfach zu gefaehrlich zu passieren, von der Navigation innerhalb der Atolle schon ganz zu schweigen. Schon so mancher Segeltraum endete an einem der Riffe die aus unendlicher Tiefe bis kurz unter der Wasseroberflaeche auftauchen, in der Nacht fuer Auge und Radar fast nicht sichtbar, vielleicht mit guten Ohren noch hoerbar, an der Brandung die bei dem derzeitigen Suedschwell dort steht. Einmal drauf, auf dem Riff, traegt es das Boot mit jeder Welle ein Stueckchen weiter auf die Korallen, die spitz und scharfkantig den Bauch eine Bootes aufschlitzen. Da hilft dann auch ein Stahlboot nicht mehr viel und aus dem Traum wird ganz schnell ein Albtraum. Herunter kommt man eh nicht mehr und kann froh sein, mit dem Leben davon zu kommen.

All dieses Wissen verarbeite ich in meinen dreistuendigen Freiwachen und dem tiefen Donnerschlaf, werde wachgeschuettelt und auch die Wachen sind nicht viel besser, sitzend im Cockpit hoert man schon die totbringende Brandung ab einem gewissen Schlafdefizit, die gar nicht existent ist. Die Pilotbuecher warnen dann noch vor den nicht genau kartographierten Gebieten in und um die Tuamotus, speziell im Bereich der Gambier Inseln. Ich checke noch mal das Echolot, die Batterien werden noch mal geladen, heute Nacht geht es durch eine Enge zwischen dem Atoll Temoe und dem Unterwasserriff Portland, dass sich nach letzten Informationen bis zu 9 Meter unter dem Wasserspiegel hochstreckt. Mit Elektronik und GPS ist das doch alles kein Problem denkt sich der Leser, doch selber auf dem Kahn hinter dem Steuer ist das alles anders.

Dann kommen da die Atolle, aus meist einzellerfoermigen Riffstrukturen mit einem Saumriff des Pantoffeltierchens und irgendwo gibt es da einen Pass. Davon gibt es hier um die siebzig Atolle und ich bin froh, dass die Gambierinseln dieses Riff nur im Norden besitzen und wir hier erst einmal ein bisschen ueben duerfen. Die Paesse sind Ein- und Auslaufventil des Atolls. Bei Flut will das Wasser hier rein, bei Ebbe raus. So die einfache Theorie. Hierbei enstehen bis zu 6 Knoten Strom, was weder mit noch dagegen so richtig toll ist, denn die Lady macht mit vollen Touren nur 5 Knoten. Doch es gibt auch Ruhezeiten alle 12 Stunden fuer 2 Stunden. Man muss halt nur genau zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle sein. Der Zugang zum Paradies wird einem somit etwas verwehrt. Im Mai und Juni blaest der SE und E-Passat am staerksten mit um die 20 Knoten und seine Brecher am Saumriff des Paradieses brechen sich natuerlich ueber das Riff in die Lagune. Nicht schlimm, dort bleibt es weiterhin still und geschuetzt, doch die Menge an Wasser will zusatzlich zu dem Wasser der Gezeiten auch wieder durch den kleinen Pass, mit teilweise wenigen hundert Meter Breite hinaus, zurueck in den Pazifik. Dann entstehen hier in den Paessen bis zu 12 Knoten Strom heraus. Na dann mal gut das wir noch April haben ;-)))))

Also alles in allem scheinen die naechsten Wochen recht abenteuerlich werden zu wollen oder besser gesagt, bleiben zu wollen und die Gambierinseln morgen sind der erste Vorgeschmack darauf. Noch zwei Wachen und dann sollten die hohen Berge der Insel Mangareva am Horizont auftauchen, dann koennen wir beweisen was wir in der Waddensee gelernt haben: Zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein. Nur mit dem Trockenfallen auf Sand bleibt uns verwehrt; wir werden unser Bestes geben.

03:24 Langsam zockeln wir unserem Ziel entgegen. Wieder mal eine schier endlose Nachtwache. Mit der Maus husche ich ueber elektronische Seekarten, die Tuamotus. Ein Archipel von fast 80 Atollen, ein jedes mit einem Haufen kleiner Inselchen und einer geschuetzten Lagune. Doch nicht jedes Atoll hat einen Pass, Teile der Karte sind ungenau, nie genau vermessen worden und mitten auf dem Weg in das Herz der Tuamotus liegt auch noch franzoesisches Sperrgebiet, Mururoa. Zumindest laut Karte, soweit ich in Erinnerung habe, ist die Sperrung aufgehoben. Na ja, der Gendarm in Mangareva wir es wissen.
Derweil lasse ich mir Namen wie Tatakoto, Pukapuka und Vahitahi auf der Zunge zergehen. Fremde Woerter, fremde Klaenge, neue Menschen.



  • 15:04
  • 27.04.2003
  • 24°47.99S, 133°18.67'W
  • Pacific
  • Gambier Islands
  • 29,8°C
  • NE 2-3
  • 3

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