• Angekommen in Buenos Aires
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nur noch...

nur noch...

23:41 20 Minuten, dann ist endlich der Freitag, der Dreizehnte vorbei. Ich bin doch so aberglaeubisch. Den ganzen Tag habe ich geschlafen, keine unnoetigen Bewegungen oder Abenteuer veranstaltet. Natale hat mich staendig auf die Schueppe genommen, wegen meiner Allueren, doch das ist mir egal. Nun. Nur noch 20 Minuten. Das wird gehen.

Alle Segel sind gesetzt fuer die letzten 40 Meilen, doch keine Wolke zeigt sich mehr am Himmel. Es wird endlich Suedseewetter, garantiert ohne Wind. Wir haben gerade noch Diesel fuer etwas mehr als hundert Meilen, da muessen wir wohl zaubern. Irgendwie wird es schon noch gehen, fuer die Paesse ist es genug und ansonsten heisst es: Segeln, segeln, segeln

21:15 Nur noch 55 Meilen, aber die scheinen sich in die Laenge zu ziehen. Heute Nachmittag haben wir unsere Dieselvorraete mal ernsthaft ueberprueft und festgestellt, dass wir es uns eigentlich nicht mehr leisten koennen, unnoetig zu motoren. Das heisst, sind wir zu langsam, muessen wir wirklich noch mal 24 Stunden laenger draussen bleiben, oder das Ziel aendern. Zum Glueck gibt es noch Takume, das Schwesteratoll von Raroia. Kleiner und etwas noerdlich gelegen, dafuer ohne Pass. Sollte der Wind allerdings weiter schwach aus oestlichen Richtungen wehen, duerfte es kein Problem sein, auf der Nordwestseite des Atolls zu ankern. Wir werden sehen.
Der Vollmond steht wieder gross und rund am Himmel, die Genuaschot knarrt, alles ist gut.

14:47 Unendlich langsam schiebt sich die Lady Richtung Rairoa, grobe Richtung Nordwest. Fast kommt es einem vor, als waere die Lady komplett stehengeblieben, hier mitten im Blau. Vielleicht doch noch zwei Tage? Waere dann unser Rekord, 150 Seemeilen in drei Tagen!
Egal, ich vertreibe mir die Zeit damit eine Kokosnuss immer feiner und feiner zu schleifen, bis eine neue Cockpitlampe draus wird und Micha scheint fuer die naechsten Nachtwachen vorschlafen zu wollen.
Es fehlt die Geschwindigkeit im Schiff, keine rauschende Bugwelle, die zu Tatendrang animiert, nur ein leichtes Wabern und Wackeln wie eine Kinderwiege, und dabei soll man wach bleiben!

05:00 So verdammt lange habe ich getraeumt von diesem Segelrevier, den Hunderten von Inseln und Atollen. Jetzt bin ich hier und das Paradies ist erreicht. Doch es ist ganz anders als ich es mir vorgestellt habe. Das Wasser ist noch viel klarer, die Sonne (wenn sie scheint) ist noch viel gluehender. Es gibt tausend mal mehr Kokusnuesse als in meine kleine Vorstellungskraft hineinpassen und die Polynesier sind noch viel freundlicher und doch so seltsam distanziert.

Seit wir in der Suedsee sind, werden auch die Nachrichten unserer Freunde und Bekannte immer weniger. Unser Fanclub, ehemals eine eingeschworene Gemeinde laesst die Bodenstation einfach mit null Anmeldungen ins Wochenende gehen, obwohl doch das Fantreffen die Idee unserer Leser war. Da macht sich Enttaeuschung bei Nadia im Herzen breit und das kann ich verstehen. Das ist nicht nett.

So weit wir auch entfernt sind von Deutschland: Ist naemlich jetzt genau 12 Stunden Zeitverschiebung! Um so naeher sind wir unserer Heimat doch noch durch unser Internetprojekt. Wenn dann doch immer wieder neue Leser die Seiten im Netzt finden und uns via Gaestebuch schreiben, wie toll sie das finden, ist dies immer wieder und immer noch die beste Motivation fuer uns weiter zu machen.

Klar: Kein daypic mehr ohne lagunenblaues Wasser, ohne weissen Korallensand, ohne Palmen und Bountyriegel und Barcardirum. Mensch, ich kann doch auch nicht dafuer, dass es hier so aussieht, ueberall. Da hoert man Segler auf dem Netz, die nach 3 Wochen Barcadistraenden den Suedseeblues bekommen und dringend nach Tahiti weitersegeln muessen, weil sie die Einsamkeit nicht mehr ertragen. Uff. Erst fahren sie 20.000 Meilen und dann ist es ihnen nach ein paar Wochen zu viel. In den Funkrunden am Morgen und am Nachmittag, verschwinden dann die Abenteurer je eine Stunde im dunklen Boot um ueber das Wetter zu diskutieren, dass immer falsch ist, ueber die zu hohen Preise in Tahiti und die schlimmen franzoesischen Beamten... Entweder zuviel oder zuwenig Regen oder Wind oder Sonne. Hat sich was veraendert? Noe. Im Moment treffen sich die Deutschen auf Toau.

Auch bei Natale und mir entstehen die ersten Zeichen von Suedseeblues. Wir motzen uns schon mal mehr an, als es eigentlich unsere Art ist. Natale redet mindestens einmal die Woche darueber, dass sie im Winter nach Deutschland will und unsere Voraete gehen insgesamt langsam der Neige zu. Moment denke ich mir. Da ist doch was falsch? Wir haben noch keinen einzigen Tauchgang zusammen gemacht und das in den Tuamotus und ploetzlich schreibe ich hie von Suedseeblues. Warum haben wir denn unseren schweren Tauchkompressor um die Welt gesegelt und die fuenf Tauchflaschen dazu?

Da hilft nur nachdenken, zu sich zurueckfinden, die Lady von ihren Roststellen befreien, jetzt wo es endlich Trockenzeit im Paradies wird, mit Flasche ins Aussenriff und auf zehn Meter Tiefe setzten und anschauen, was innerhalb einer dreiviertel Stunde alles vorbeizieht.

So. Also. Plan steht und jetzt fehle nur noch der Wind. Aber auch mit wenig Wind kommen wir an. Dauert eben einen Tag laenger. Na und? Das ist doch das, was wir am meisten haben: Zeit. Bis zum Abwinken. Jedem unserer Leser gebe ich hiermit 1/10tel meiner Zeit meiner Musse und Gelassenheit fuer dieses Wochenende ab. Einfach so. Zum einpflanzen und grossziehen. Hilft gegen jeden Blues.

03:51 Morgen ist Vollmond, und schon jetzt steht der Mond fast rund am Himmel und gibt uns die ganze Nacht Licht. Das hilft wach zu bleiben, besser als die dusteren Naechte auf dem Weg nach Amanu. Der Wind schlaeft weiterhin, mal sehen, wie es nach Sonnenaufgang aussieht. Die Insel Tauena haben wir mittlerweile passiert, aber es liegt noch ein Atoll, unbewohnt, auf dem Weg. Vielleicht passieren wir dieses ja bei Tageslicht.

00:05 Weg isser, der Wind. Eingeschlafen wie der Micha. Noch stehen die Segel den groessten Teil der Zeit, aber wenn das so weitergeht, koennen wir sie eigentlich komplett runternehmen und beide schlafen gehen...

Eilig haben wir es ueberhaupt nicht, da wir nicht vor Samstagmorgen 11 Uhr in den Pass von Rairoa einlaufen koennen. Ein Tag waere zu knapp gewesen, also haben wir lieber direkt zwei Tage kalkuliert. Erinnert ein bisschen an die Nordsee, diese Tidenrechnerei. Der Wasserpegel ist nicht so wichtig, aber die mit der Tide verbundenen Stroemung im Pass. Und prompt finden sich in der ganzen Lady verteilt alle moeglichen Zettel, auf denen Stillwasserzeiten, Mondauf- und Untergang usw notiert sind. Selbstredend, dass der aktuelle Zettel immer unauffindbar ist! ;-)

Jetzt schlaeft sie, die Natale und wir schaukel gemaechlich weiter Richtung Nordwesten, wo wir eigentlich gar nicht hin wollen. Aber der Wind dreht ueber Sued nach Ost und wir drehen halt mit. Mit der Zeit hoert man endlich auf, dem Strich auf dem GPS hinterherzusegeln, da laesst man sich von dem Wind und den Sternen leiten. Solang das Kreuz des Suedens da oben an der richtigen Stelle steht brauche ich keinen Kompass, keine Karte, kein GPS, wenn da nicht das Inselatoll TAUERE 10 Meilen westlich von uns gelegen waere, wuerde ich meinen Augen mehr Ruhe goennen. Ich kann mich nicht entscheiden das Atoll anzulaufen oder nicht, aber anscheinend zieht es uns an wie ein Magnet. Scheiss Stahlboot. Staendig wird man vom Kurs abgelengt oder bleibt irgendwo magnetisch magisch haengen ;-)



  • 00:05
  • 13.06.2003
  • 17°24.08S, 141°17.35'W
  • Amanu
  • Raroia
  • 25°C
  • S 1-2
  • 1,5

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