Kalt

15:15 ist es in Bogota. Lange Hose und Pulli. Nach langer Zeit mal wieder fuehle ich mich nicht wie die Sardine im eigenen Saft. Seit wann? Ewig lang ist es her. Ich weiss nicht mehr.

Jetzt sitze ich hier in Bogota, habe eine Steckdose gefunden um meinen altersschwachen Schlepptop das Licht zum Leben einzuhauchen. Gestern habe ich kein Boot mehr nach Cartagena bekommen. War vielleicht auch ganz gut so. Ich wollte naemlich ohne Schuhe nach Europa fliegen. Heute morgen ist es mir dann aufgefallen, dass Deutschland ja nun nicht auf der Barfussroute liegt. Hektisch wie ich bei solchen Abreiseaktionen werde, reisse ich mir den halben kleinen Zeh an Deck der Lady auf. Alles ohne meine Aerztin. Wer bemitleidet mich jetzt? Keiner. Klar.

Zig Kontrollen habe ich hinter mich gebracht. Letzmalig habe ich einen solchen Sicherheitsaufwand von meinem Ostberlinbesuch in Erinnerung, als es die Mauer noch gab. Aber mir solls recht sein. Ich schmuggel eh mit meiner Phantasie nicht kontrollierbares kolumbianischen Lebensmut, den Rafa mir mit seinen Delfinen mitgegeben hat.

Um meine Familie nicht zu sehr zu erschrecken ist meine windrichtungsweisende Fahrtenseglerhaarmaehne in Cartagena geblieben. Die Maedels hatten viel Spass und meinten, meine blauen Augen wuerden jetzt viel besser zur Wirkung kommen. Wen interessierts in DL? Papa wird es mir danken und mir ist kalt im Nacken.

Heute Morgen dann um 6 Uhr haben mich die Jungs in ihr 6 Meter GFK Boot gesteckt, 2 x 250 PS, etwas uebermotorisiert und dann die ganzen Rosarios abgefahren, dort Kanister abgeholt, hier ein Huhn oder Umschlaege mit Geld fuer diesen und jenen. Auf Isla Grande steht Lewington, mein Tauchguide am Steg um mir die Hand zu druecken. Das ist dann doch zuviel im Sonnenaufgang; das Motorboot gibt Gas, Richtung Cartagena, ich schau still aufs Meer damit keiner mein Pippi in den Augen sieht.