• Schneller als der Wind
  • Susi läuft wieder
  • Revue
  • Schweizer Crew aufgenommen
  • In ein frohes neues Jahr
  • Und Erster
Videos
  • Es passiert einfach zu viel!
  • Angekommen
 

Zeitgeist

Crew ist abgereist. Markus ist noch da.

“Who are you?“ Vor mir steht die afrikanische Sandra, drückt mir eine Pappbecher in die Hand und schüttet mir Bier aus einer billigen Plastikgaraffe ein. Hinter ihr tobt eine Herde Frauen zu rhythmischen Afrikanischen Klängen. Ich fühle mich zurückversetzt nach Südafrika, als ich mit Jojo manchmal, Samstags abends, in die Townships der Schwarzen gefahren bin und wir bis zum Morgengrauen versackt sind. „Was feiert Ihr denn Sandra?“ „Den Geburtstag meines Vaters.“ „Wie alt ist er den geworden?“ „59. Aber er ist nicht da.“ Pause. Sandra lächelt mich mit Ihren dunklen sympathischen Augen an und schüttet mir wieder Bier nach. Drinnen in der Ruine röhrt die Menge zu den anscheinend bekannten Klängen. „Dann ist er ja fast so alt wie ich.“ „Ja. Du bist 55.“ „Danke. Ich bin 51.“ „Kommst Du nachher mit zu mir?“ Ich schaue Sandra an. „Willst Du mich nicht wenigstens mal nach meinem Namen fragen? Ich könnte Dein Vater sein ;-)“ Sandr a lacht. „Komm rein. Du bist unser Gast! Wir feiern die Beerdigung meines Vaters. Er ist heute Morgen beigesetzt worden.“ Ich bin der einzige weiße Gast. Nun. Damit komme ich wohl klar und erlebe in den kommenden Stunden meine erste afrikanische Beerdigung. Markus wollte eigentlich mit, aber es wurde ihm zu spät. Ich musste erst einmal meine posttraumatische Phase der Crewabreise verdauen, zwei Gläser Wein trinken und wieder auf dem Boden der Realität ankommen. Dann musste ich mit Frau und Kindern telefonieren, diverse Mails lesen und beantworten und gegen den Berg von Papieren ankämpfen, die sich auf dem Desktop meines Computers immer mehr stapeln. Markus hat Urlaub. Ich nicht. Der kleine, aber feine Unterschied. Mit der Abreise von Rossi und Noah, von Martin und Robert, fällt die Verantwortung von mir ab, meine Skipperrolle fällt weg und ich muss nicht mehr 24 Stunden am Tag für alles zuständig sein. Mit „nur“ Markus als Gast an Bord, entspanne ich mich deutlich. Und so dusche ich noch ausgiebig, während Markus fast schon einschläft. An Land fahre ich alleine, kette das Dinghy an die Edelstahltreppe des Steges und entere Santa Maria.
Natürlich lerne ich noch den Bruder von Sandra kennen und diverse Freundinnen, deren Namen ich mir nicht merken kann. Die Ruine ohne Dach, anscheinend eine bekannte Partylokalität der Einheimischen, liegt ein paar Straßen hinter der Hauptstraße mit den langweiligen geschätzten 40 Touristen-, Dinner- und Reggaebars. Ich war eigentlich nach der Suche, nach der französischen Segler-Scenekneipe, in der Nathalie und ich vor 15 Jahren nicht nur einmal versackt sind. Aber jetzt bin ich hier. Sandra wird in die Mitte des Raumes gesetzt, auf einen weißen Plastikstuhl. Neben mir steht ein DJ und brüllt laut unfassbares in das Mikro und die Gäste fangen an, Sandra, im Alkohol und Schweiß-Tanzrausch im Rhythmus der Musik mit Geldscheinen zu bestreichen, bilden einen Kreis aus Tanzenden. Sandra sitzt scheinbar komplett ruhend auf dem Stuhl und sammelt die unendliche Scheinflut in ihrem Schoß. Ich muss das alles nicht verstehen. Nö. Oder? Ich kann auch kein Photo machen. Außer einem Schlüssel um den Hals und den gerollten Geldscheinen, die im Budget für diesen Abend geplant waren, befindet sich nichts in meinen Taschen. Kein Handy, keine Plastikkarten, noch nicht einmal ein Feuerzeug. Nichtraucher halt. „Willst Du eine Zigarette?“ Sandras Bruder nickt mir zu und drückt mir eine Flasche Bier zwischen die Hände. „Nicht? Vielleicht ein Joint?“ Der sympathische, aber spießig aussehende Supermarktbesitzer aus Mindelo, dessen Vater heute beerdigt wurde, fängt an den Stoff aus dem die Träume sind, in Papier zu wickeln. Das wird aber jetzt gefährlich. Das Schicksal hilft mir der Situation Herr zu werden. Auf der Tanzfläche entwickelt sich grade eine handfeste Schlägerei, die sich schlagartig vergrößert, ich drücke mich mit dem Rücken an der Wand in Richtung Ausgang und schwupps, steh ich auf der Straße, als die Polizei mit mehreren Einsatzwagen anrückt. Na, die fehlen mir jetzt grade noch. Zeit um auf die schützende MARLIN zu kommen. Also Vorsicht vor den Beerdigungen.

Mitsegeln auf der MARLIN. Bewerbe Dich hier! www.marlin-expeditions.com



  • 23:59
  • 17.10.2015
  • 16°35.6208'N, 022°54.5569’W
  • -°/ - kn
  • Cabo Verde / Santa Maria / Sal
  • Grenada / Caribe
  • 27°
  • 035°/ 7 kn
  • 1,5 m

LOGBUCH ARCHIV

October 2015
M T W T F S S
« Sep   Nov »
 1234
567891011
12131415161718
19202122232425
262728293031  

Mit dieser Website wollen wir Dir, liebe Leserin, lieber Leser, die Welt und unsere Reise ein Stück näher bringen. Deine Spende hilft uns, das weiterhin zu tun.