Blickwinkel.

Viertel vor Elf. Ich sitze in der Regiobahn nach Hause. Neben mir zwei türkische Mädchen, die sich über Maniküre unterhalten. Mir gegenüber ein Inder der gelangweilt aus dem Fenster schaut. Ein paar blonde deutsche Teenies mit kurzen Röcken und gefärbten Haaren. Bilk zieht an mir vorbei. Es ist mal wieder dunkel. Mal wieder spät geworden. Kabel habe ich gezogen, Software installiert und mich auf der Baustelle, der TANIT, darum bemüht ein System in die Navigationselektronik zu bekommen. „Ach, dass ist doch kein Job Micha. Das ist doch Dein Hobby.“ An jedem Spaß ist ein bisschen Ernst. Ich habe immer schon frei gearbeitet. Ob als Grafiker, als Unternehmer mit 12 Angestellten, ob als Skipper oder eben als Strippenzieher, Pactorman, Kommunikationsfachman für Weltumsegler, Weltenbummler, Schreiberling. Manchmal frage ich mich was eigentlich meine Hobbys sind. Die Kinder? Oder ist Papa sein auch ein Job?

In der U-Bahn. Acht hübsche junge Mädels, alle total betrunken, eine übergibt sich leicht in den Gang. Was geht denn hier ab? Aber die hübschen Mädels sind nicht auf dem Weg nach Hause, sondern in die Düsseldorfer Altstadt. Ich muss an Maja und Lena denken. Düsseldorf, Heimatstadt? Wollte ich das je? Ist ein Leben woanders so viel schlechter? Wegen dem tollen deutschen Gesundheitssystem? Da werden wir wohl noch einmal drüber nachdenken müssen.

Nathalie hat das arme Dier Gesicht. „Das schaffen wir nie. Da sind noch so viele Sachen zu tun. Und jetzt bist Du auch noch die ganzen Tage so busy.“ Es sind jetzt nicht mehr viele Tage bis zum Abflug und die Verabschiederei nervt mich langsam. Am Samstag gehen wir noch mal mit Guido und Gudrun aus und dann ist zumindest bei mir Schluß. Keine Termine mehr. Nur noch Wohnung vermietungsfähig machen und Abreise vorbereiten. Sonst schaffen wir das bestimmt nicht mehr. Am fünften September. Bürgerbüro. Abmelden.