• Zwanzigster Tag auf See
  • Schlampe gefällig?
  • Cola cubana, Lektion 3
  • Der Reiz des Deltas
  • Schnorcheln ueber dem Friedhof der Kuscheltiere
  • Bergfest
Videos
  • Second Life: Tag 68.
  • Tortillaschlacht
 

Achter Tag auf See

Pinnensteuerung

Totalausfall. Letzte Nacht. Kein Strom mehr, Batterien tiefentladen, Kühlschrank aus und der Motor geht ständig aus wegen dreckigem Diesel und vollem Wasserabscheider. Skipper ist ungemütlich, is klar, wegen nicht funktionierender Technik. „Wolfgang, kannst Du bitte Pinne gehen.“ Wolfgang setzt sich an die Pinne und legt los. Steuerbord, Backbord, wilde Schlangenlinien. „Na, das müssen wir morgen bei Tageslicht wohl noch mal üben!“ Wolfgang wird sichtlich sauer. Nach einer halben Stunde kommt es zu der erwarteten Wortabschlag. „Also, ihr seid an der Pinne allesamt, genauso Kreise gefahren wie ich und das GPS ist total träge, danach kann man doch nicht fahren!“, meint Wolfgang zu uns allen. Der Satz bleibt einfach mal so stehen. Um drei Uhr Morgens komme ich an die Wache. Drei Stunden Handsteuerung bei immer wieder einschlafendem Wind. Genua ausgebaumt und was mache ich in der stockdustereren Nacht? Ich fahre Pirouetten, dass die Jungs unten fast aus den Kojen fallen. Ist mir jetzt natürlich peinlich ohne Ende. Absolute Konzentration ist angesagt. Morgen kommt der Kompass in seine Halterung, nehme ich mir fest vor.

Den nächste Morgen beginne ich erst mal mit einer Entschuldigung beim Frühstück. „Also Wolfgang, ich muss mich ganz schön dolle bei Dir entschuldigen. Du, ich hab genauso Probleme gehabt und hin- und hergesteuert, was das Zeug hält. Sorry. Da, am Niederhang hängt jetzt der neue Kompass. Licht für die Nacht mache ich nachher auch noch dran. Sag mal, was war eigentlich Deine Stellung bei der Bundesmarine?“ „Ich war Präzisionssteuermann, dafür zuständig die Korvetten mit 100 Metern, bei Hochgeschwindigkeiten keine Eskimorolle machen zu lassen. Ein falscher Ausschlag und die Korvette dreht sich auf den Kopf“, mein Wolfgang lachend. Wir beide lachen, alle anderen auch und Wolfgang steuert mit dem neuen Kompass grader als alle anderen. „Ja, Skipper, so kann man sich irren“, denke ich mir und ziehe mir meinen Blauman an. Nachtragend ist keiner auf der LADY. Bringt auch nix auf so engem Raum.

Blaumann steht für Keller. Bei drei Meter Weller, vorm Wind, bei dem Schlingern, keine spassige Sache, Filter auszuwechseln. Johann, der Motor ist im Kiel und arbeiten kopfüber angesagt. Nix für seekranke, schwache Nerven. Also macht der Skipper das mal besser selber, bevor das Erbrochene in der Motorbilge umherschwappt. Erst mal nehme ich eine Probe Diesel vom unter dem Motor liegenden Tankboden durch ein Serviceventil in eine Plastikflasche. Zwar kein Wasser, auch nicht milchig, aber die Suppe die da rauskommt würde ich normalerweise nicht in meinen Tank einfüllen. Der Seegang hat alten und neuen Diesel ordentlich durchgeschüttelt, mit allem Mist der sonst noch so im Tank ist. Ich erinnere mich an Pieters Worte: „Mikel, Du solltest den alten Diesel komplett abpumpen, der steht jetzt drei Jahre in Deinem halbvollen Tank. Nimm ordentlich Filter mit, wenn Du das nicht tust.“ Wie Recht Pieter hatte, jetzt ärgere ich mich natürlich das ich so gegeizt habe. Drei Vorfilter und drei Feinvorfilter hab ich noch. Im Wasserabscheider, nen halber Liter Wasser, aber kein Bakterienschlamm, zumindest das ist schon mal gut. Entlüften und Johann läuft wieder. Gut so. Ich schaue mir noch mal die Erregerleitung der Hochleistungslichtmaschine an. Hab ich runter genommen und falsch wieder draufgesteckt. Nach dreissig Sekunden schaltet der Xantrex Regler auf Bulk Ladung, die Lager der Lichtmaschine fangen wie gewohnt an zu pfeifen, und der Link 10 zeigt 70 Ampere Ladung an. „Juhuh!“ Hoffentlich haben die Batterien den Spass mit gemacht. Grund des ganzen Malheurs – Meine Freundin, die Korrosion, auf dem Kabelschuh. Allgegenwärtig auf dem Schiff.

Blister

Der Seelotse, alias Christoph Schütze, DH2LC, www.seelotse.com, berät uns seit ein paar Tagen via e-mail mit Wetter. Heute haben wir einen Wunsch frei und Christoph schickt: „12h SE 17kn 0/8 no rain 1020 trend nosig nächste 3 tage nicht über 25 kn alles SE geile backstagsbriese mittleren spi und gasgeben!“ „Kommt Jungs, wir setzten unseren blauen Stern!“, und dann haben wir mehrere Stunden Spaß, richtig Spaß. Wir haben zwar keinen kleinen und großen Spi, aber einen 100sqm Blister, der bis 20 Knoten prima ist. Schon nen bisschen mehr Wind als sonst, wenn ich das knisternde Spituch aus dem Sack lasse. Erst mal oben machen wir fast einen Sonnenschuß, doch im rechten Moment entscheidet sich die LADY dann doch für brav sein. Mit 6.5kn Rumpfgeschwindigkeit segeln wir raumschots und bei den Böen (25 Knoten?) dann auch schon mal mehr und das Unterlieg des Blisters schöpft schon mal Wasser. Doch Blase segeln ist geil, vor allen Dingen mit Crew, wenn acht Hände da sind um am Abend das Ding auch wieder runter zu holen. „Nep! Thomas, nur mit Handschuhen.“ Thomas staunt mich an, ich denke nur an letztes Jahr, als sich 1st Mate Stefan die Hand verbrannt hatte, das das rohe Fleisch zu sehen war. „Handschuhe. Jetzt. Keine Begründung.“ Dann steht Thomas auf dem Vordeck und wünscht sich glaube ich meinen Bauch und meine Statur, dass er nicht angehoben wird ist alles. Der Block im Bergestrumpf hat sich verdreht und statt über die Rolle läuft der Bergetampen über die Metallaufhängung. Doppelte Kraft nötig um den Strumpf über das schlagende Segel zu ziehen. Thomas gewinnt, ohne Bruch und mit Handschuhen. „Gut gemacht! Morgen tuin wir da nen anderen Block rein.“ Rainer filmt alles mit Infrarot, weil es schon fast dunkel ist.

Und Fisch. What a day!

“Fiiiiiiisch!“ Thomas hat die leere Wäscheklammer zuerst gesehen, an der die Angelleine eingehängt wird. 30 Meter hinter dem Boot springt eine Dorade aus dem Wasser. Nicht das wir schon seit zwei Tagen angeln und die Doraden an beiden Leinen pünktlich um 14 Uhr anbeißen würden, doch bisher w aren die immer so klein, dass ich sie immer habe zurück ins Wasser schmeißen lassen. Enttäuschte Blicke der Crew, doch was Thomas da an Bord zieht, ist größer als Pfannengröße. Grösser als 50 cm. Backofengröße. „Den nehmen wir. Kühlschrank ist ja auch leer nach einer Woche.“ Game of the day. Ach, was mir noch einfällt! Die Batterien haben nix abbekommen, ganz im Gegenteil, scheint denen mal ganz gut getan zu haben.

Zu Klaus Frage, wegen der Kommentare: Ja, wir bekommen die Kommentare per Mail automatisch zugesandt, können und wollen aber derzeit nicht darauf antworten, weil unser Funkgerät nur mit 10 Watt senden kann und wir leider nur begrenztes Zeit Volumen für Mails haben. Der anfallende Mailtraffic übersteigt weit unsere Möglichkeiten. Die Ausbreitungsbedingungen sind nicht besonders gut und wenn Sue und Jim Corenman von sailmail.com nicht unseren Time Account zurücksetzten würden, weil sie von unserem defekten Kurzwellengerät wissen, würde es noch viel schlechter aussehen. Das Iridium ist auch nicht viel schneller und kostet halt jede Minute 1,80 Euro. Low Budget halt, wir können nicht jeden Tag 5-10 Euro ausgeben um Bilder auf unsere Seite zu stellen. Eigentlich gibt es im Moment nur noch Texteinträge und wenn es mal gut läuft, auch eins von eigentlich vier oder fünf Bildern des Tages. Vielleicht kannst Du oder jemand anders ja helfen, Iridium Airtime gegen Banner oder einfach so. :-)



  • 23:55
  • 29.03.2010
  • 26°02.57'S 005°45.20'E
  • Southern Atlantic Ocean
  • St. Helena
  • 24,5° 1019hpa 3/8
  • 22°
  • 12kn/SSW
  • 1-2m

LOGBUCH ARCHIV

March 2010
M T W T F S S
« Feb   Apr »
1234567
891011121314
15161718192021
22232425262728
293031  

Mit dieser Website wollen wir Dir, liebe Leserin, lieber Leser, die Welt und unsere Reise ein Stück näher bringen. Deine Spende hilft uns, das weiterhin zu tun.