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Dorfleben

Von Arm und Reich und den richtigen Verhältnissen

Wenn man als Fahrtensegler die idyllischen Orte besucht, an denen die Zeit stehengeblieben zu sein scheint, wird man unweigerlich mit Armut konfrontiert. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber in den meisten Fällen fahren die Fischer mit ihren Nussschalen aufs Meer hinaus, weil sie keine andere Wahl haben, weil das Geld fehlt, und nicht, weil es so schrecklich romantisch ist. Am Ende des Tages kommen sie mit ein paar mickrigen Fischlein nach Hause, da im segelbaren Umkreis alles abgefischt ist, draußen, wo die dicken Tunas, die Wahoos und Barrakudas beißen, kommen sie nicht. Dafür gehen ihnen Lobster in die Reusen. Lobster macht nicht satt, aber Segler glücklich, die mit harter Währung zahlen können und damit das Abendessen sichern. Während die Männer auf dem Meer ihr Glück versuchen, arbeiten die Frauen im Haus und auf dem Feld. Auf der Insel wachsen Mandeln und Cashewnüsse. Fosta hat körbeweise Früchte in ihrem Hinterhof stehen und wittert in uns natürlich ein Geschäft. 5 US-Dollar soll eine Tüte voll kosten, eine Tüte Mandeln das gleiche. Geröstet werden sie über dem offenen Feuer, leicht gesalzen. Nirgends habe ich köstlichere Nüsse gegessen, mit Rauchgeschmack, eine absolute Delikatesse, hergestellt in einem zerbeulten alten Kochtopf. Handverlesene Nüsse und Languste, beides zählt in Deutschland als Luxus, hier ist es Normalität, dafür fehlt es an den einfachsten Dingen: Angelhaken, Schulhefte, Öl, Mehl, Medikamente.

Unsere Schwierigkeit ist wie so oft das richtige Verhältnis. Wir können nicht jedem helfen, nicht jeden Tag 10 Lobster kaufen und jedem Kind, dass uns um 20 Euro Geld für Schulbücher bittet, diesen Wunsch erfüllen. Nicht selten erlebt man, dass der junge Mann, der am Vortag für sein Schulgeld den Fremdenführer gespielt hat, am nächsten Tag stolz seine neuen Schuhe zeigt. Wer will es ihm verdenken? Unseren Gästen konnten wir auf jeden Fall zeigen, dass es sich immer lohnt, länger an einem Ort zu bleiben, denn nur dann hat man die Chance, die Menschen wirklich kennenzulernen, wird man vom reichen Segler mit dem vollen Geldbeutel vielleicht zum Freund. In Fostas Wohnzimmer hängt nun ein Ausdruck unseres gemeinsamen Fotos, ein Souvenir. Es ist das erste Foto, das sie von sich besitzt. Die Dorfjungen, die uns seit zwei Tagen treu hinterhergelaufen sind, kommen zum Spielen an Bord, wir fahren gemeinsam Dinghi und lachen uns scheckig, da keiner der sechs jemals ein Boot mit AB gesteuert hat. Wilde Schlangenlinien fahren die Jungs, die perfekt einen Einbaum mit Kokoswedel paddeln können.

Die Einbäume, die tagsüber an unsere Bordwand klopfen, werden weniger, dafür werden die zufälligen Begegnungen, die Bekanntschaften mehr. Würden wir länger bleiben, wir wären wohl bald integriert. Es ist eine Gratwanderung, die nicht einfach und auch nicht immer leicht auszuhalten ist. Zu meinem Geburtstag hat mir meine Mutter einen Brief über das Glück geschrieben. Was empfinden wir als Glück? Mit einem Menschen trotz aller Kulturunterschiede, trotz arm und reich, trotz Hautfarbe und Lebensumstände zusammenzusitzen und zu lachen, das Leben einen Moment lang nicht ernst zu nehmen, sondern sich aneinander zu freuen, das gehört für mich auf jeden Fall dazu.



  • 20:30
  • 24.11.2013
  • 18°16.5371'N, 73°41.5349’W
  • -°/-kn
  • Ille a Vache / Haiti
  • Santiago de Cuba / Cuba
  • 28°
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