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Dreizehnter Tag auf See

Digitales Segeln

Wir segeln wieder im Passat. Regen, und Tiefs liegen erst mal hinter uns. Der Wetterbericht sieht nach straitem Schönwettersegeln aus. „Puhh! Danke Anneliese. Hast Du gut hinbekommen.“ Direkt breitet sich Entspannung auf der LADY aus. Halbwindsegeln. Der Kahn macht 10° Lage und schöner kann segeln nicht sein bei 10-15 Knoten, da kommt kein CAT von der Bewegung mit. Das ist schönstes Monosegeln. Weich taucht der Bug ins Wasser ein, wie die Bewegung einer geschmeidigen Frau, darum sind Monos auch immer weiblich. Feeling geht vor Schnelligkeit.

Ich bin relativ digital heute. Die Sonne am Himmel spendet mir den Strom, den ich brauche um ein paar Aufgaben am Computer fertig zu stellen, bevor wir nach Rio einlaufen. Die Vorstellung in Rio erst mal mit Laptop für Tage im Internet Cafe zu verschwinden ist vollkommen Horror. „Los Mikel, schwing die Maus und mach Hinne“, sagt mir mein Kleinhirn. Also werde ich Digital, Stöpsel in die Ohren und ab. InDesign, Illustrator, Photoshop, Excel, Word Mail und sonst noch so nen paar kleine Tools, die man braucht. Eigentlich würde ich ja lieber das suuuupergeile Videomaterial zusammen schneiden, was wir gemacht haben, aber auch aufm Boot ändert sich das nicht: Erst die Jobs, die Geld bringen und dann der Spass. Von wegen, auf Vordeck inner Sonne sitzen.

Volker, (C5CAT) ist der Star des Tages. Er macht den Server auf Antigua für den SCSmail Test. Unser privater E-Mail Einwahlknoten. Nach ner halben Stunde intensivem Denken und Anpassen der PACTOR Konfigurationen und Funkgerät, ging zwischen ihm und mir (DL1JD) die digitale Post ab in Geschwindigkeitsstufe 4. Hey, Volker, das war gar nicht schlecht. Nur, das ich versucht habe, meinen G-Mail Account damit abzurufen, hat nicht ganz funktioniert. Morgen machen wir weiter mit nem frischen Account. Vielen Dank. Schreib mir mal den Namen von Deinem CAT! Hört sich sonst so unpersönlich an. Unser Sailmail Problem könnte vielleicht für den Rest der Reise gelöst sein.

Ansonsten alles beim Alten. Funken, Essen, die Bootsarbeiten erledigen und eben am Computer rumhängen und Schriftzüge von oben links nach unten rechts rum schieben. Ich muss zugeben, so manchmal, macht das ja wieder richtig Spass. Aber wie konnte ich das nur Jahrzehntelang machen? Wie kann Thomas seit Jahrzehnten Wein verkaufen? Aber wir haben ja alle eine Wende in unserem Leben gemacht und unsere Frauen werden uns schon mal optisch nicht wiedererkennen. Jeden Tag sitzen wir im Cockpit und schmieden neue Pläne, wie man sein Leben verändern kann. Endlich mal Zeit nachdenken zu können. Aber ich will nicht zuviel verraten. Die Blauwassersegelinfektion wirkt ja erst etwa nach drei Wochen, also vor einer Woche. Auf See lässt sie sich dann nix anmerken und nistet sich weiter im Hirn ein, dann wenn die einzelnen Crewmitglieder das Boot verlassen und im Flugzeug sitzen, kommen die ersten Entzugserscheinungen, erst mal am Zoll vorbei nach Deutschland importiert, breitet sich die Infektion, auch von Rollo schon vor Jahren „Seefieber“ genannt, weiter aus. Es gibt verschiedene Grade der Infektionskrankheit. Der eine meint, die See sei seine, der andere verbindet Traum und Meer, wieder andere sehen Lust und Meer sehr innig verbunden, manchmal etwas zu sehr und dann gibt es die, die wie Satelliten um die Erde segeln und nicht mehr aufhören können. Eine neue ebenfalls nicht heilbare Mutation des Seefiebers ist das Crewfieber, was mir Stefan bestimmt bestätigen kann. Gegenmittel? Es gibt nur ein Gegenmittel gegen das Seefieber, lasst die befallenen Kranken so viel wie möglich segeln, möglichst weit draussen und weit weg vom Mittelmeer.

Ganz ehrlich, ich will gar nicht in Rio ankommen. Wenn wir zu langsam sind und ich eigentlich die Crew zum Trimmen anregen könnte – ich merke wie mir es dann doch egal ist. Ich habe meinen Zieltermin, versprochen, warum früher ankommen? Warum einen Tag auf See verlieren? Schöner als rundum blau kann es gar nicht sein. Und in Rio wartet nur die Realität. Wer von uns will schon die Realität, wenn alles so schön blau ist?

Vorhin ist nen Kommentar per Mail gekommen. Sorry Jörn, der ist so schön, den kann ich nicht privat lassen, hatte auch nen Gänsehaut als ich den der Crew vorgelesen habe.

“Hi Micha, ja wie geil ist das denn ? Ihr seid wieder unterwegs ? Da lese ich im Logbuch der Nilpferd-Crew das sie mit ner IronLady funken und ich denke mir, DIE IronLady? Kann nicht sein oder ? Schnell mal auf den Favoriten im IE geklickt, und nachdem sich der Staub verzogen hatte (doch schon einige Tage her "unser aller" letzter Trip :-)), tatsächlich es ist wieder Betrieb auf der Seite. Toll, geil, unfassbar, das freut mich so was von ungemein, leichtes Hühnerfell beim Lesen der ersten Logbuch-Einträge und Erinnerungen an lange Jahre des Mitlesens und Mitlebens des ersten Trips werden wach... Toll das ihr wieder unterwegs seid. Den Favoriten - Link der Lady werde ich dann jetzt mal die Tage etwas polieren. auf das er dann ab sofort wieder jeden Morgen als erstes benutzt wird. Ich freu mich wirklich sehr!!! Viele Grüße aus der hässlichsten Kulturhauptstadt der Welt, Jörn P.S. Falls der Bassist nach dem Trip arbeitslos ist, könnte ich ihm eine Stelle in meiner Band anbieten :-))“

Meine Crew hat mich auch schon gefragt, warum ich das nicht nen bisschen rumerzähle, dass die LADY wieder segelt. Also mal nen prinzipiellen Comment dazu: Weil die Seiten noch gar nicht fertig sind. Das ist der eigentliche Grund. Und das dauert anscheinend auch noch, weil es wichtigere Baustellen im Leben der Wnuk’s gibt. Und der zweite Grund mag etwas hochnäsig klingen, aber er ist wahr. Weil wir keine Klicks brauchen, weil wir aus Spass und Überzeugung schreiben. Ich will nicht mehr unter den besten zehn von 999 Internetseiten sein, ich will auch nicht noch mehr Bücher verkaufen, ich suche auch keine Sponsoren, ich will keine Neider auf unser Leben, nicht die Salzbuckel, die alles besser wissen, nur Segeln, Leben und Leben lassen! Dazu gehört das Schreiben auf unseren Seiten, das war schon fast immer so. Auch in meinem Leben gibt es Dinge die keinen was angehen, deshalb werde ich ich jetzt nicht ins Detail gehen, aber Deutschland hat mir eine Zeit lang das Schreiben verboten, quasi. Das habe ich dem deutschen Staat sehr übel genommen. Und in dieser Sache bin ich sehr nachtragend. Wenn nicht Nathalie mit meinen Töchtern im Moment in Deutschland arbeiten würde, würde ich auch nicht dort gemeldet sein. Wenn mein Englisch perfekt wäre, würde dieser Blog auch nur noch in englischer Sprache existieren. Aber Deutsch ist nun mal unsere Sprache und deshalb hat Nathalie mich überzeugt dabei zu bleiben. So Jörn, das haste von so sentimentalen Mails. (:-o Ich geh mal schnell an die frische Luft und stell mich auf den Bugspriet, mach nen Video von meiner Freundin, der Meer, damit ich nicht anfange zu heulen. Dürfen Skipper heulen? Oder müssen Skipper stark sein?)



  • 15:00 UTC
  • 20.04.2010
  • 20°07.38'S 025°24.16'W
  • Southern Atlantic Ocean
  • Rio de Janeiro / Brasil
  • 30° 1014hpa 2/8
  • 28°
  • 10kn/SE
  • 2m

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