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Nachdenklich

Nachdenklich

21:12 Es ist ruhig hier in Coco Bandero. Kein Laut, kaum Voegel, der Wind des Tages hat sich gelegt und die Nacht ist eingekehrt. Carsten hat mich mit seiner Art nachdenklich gemacht. Er ist mehr auf der Suche nach dem Schlechten als auf der Suche nach dem Guten im Charakter der fremden Laender und Menschen, die er auf seiner Reise durch Zentralamerika besucht, so kommt es mir vor. Aber vielleicht ist es auch einfach die Nachwehen der Ueberfalle, die auf ihn veruebt worden sind. Ich habe ihn heute morgen in Naganar abgesetzt. Er hat eine Unterkunft gefunden und in zwei Tagen wird ein Boot kommen und ihn nach Kolumbien mitnehmen. >>Ich wuensch Dir viel Glueck!<<, hab ich ihm gesagt, obwohl ich eigentlich noch sagen wollte, dass er die Menschen um sich herum doch einfach mal etwas freundlicher anlaecheln soll. Ich habs runtergeschluckt. Vielleicht waere es auch eine gute Idee, vor so einer langen Reise durch Suedamerika, Spanisch zu lernen. Aber ist ja auch egal.

Zurueck auf die Coco Banderos verfolgt mich eine Wolke, die immer groesser wird. Ich hab es eilig. Meine Wassertanks sind fast leer und jeder Tropfen Suesswasser ist wie Freiheit fuer mich, ein Tag mehr am Ankerplatz. Das Glueck ist mit mir, es kommt mir vor als wenn irgend jemand mich aufheitern will und an der Schleppleine ziehe ich einen dicken Bonito Thunfisch aus der See. Kaum den Anker geworfen, faengt es an zu regnen, dass ich nackig unter dem Sonnen(Regen-)dach sitze, dem Wasser dabei zuschaue wie es in den Kanister fliesst, ein Schluck trinke, es mir ueber den Kopf laufen lasse. Ich fahre zu Nadia vorbei, setze meinen Hundeblick auf, lobe ihre Kueche in frage sie ob sie nicht Lust hat den Fisch zuzubereiten. Hat geklappt ;-) Inzwischen sitze ich dickbaeuchig vor dem Computer und es war mal wieder hervorragend. Das Leben kann so schoen sein.

Trotzdem ist es einer dieser Tage wo ich nachdenklich bin. Es ist Montag. Punkt. Aus. Schluss. Aber nein, irgendetwas anderes macht mich nachdenklich. Diese Internetseite. Manchmal koennt ich es einfach sein lassen privates und intimes aus meinem Kopf und meinem Herzen ins Internet zu schreiben. Die Familie und Familie finden es entweder einfach nur toll oder interpretieren Sachen falsch, die eigentlich gar nicht so gemeint waren. Die Unbekannten verstehen uns meist noch am besten, so kommt es Nathalie und mir manchmal vor... und uns selber? Darueber hab ich eigentlich noch gar nicht so viel nachgedacht. Wie ist das so, wenn man sein Tagebuch (nur von Logbuch zu schreiben waere ja wohl Thema verfehlt) im Internet schreibt? Ist es Druck, dass man meint jeden Tag schreiben zu muessen? Nein. Macht es denn Spass? Meistens. Faellt einem manchmal nichts ein? Ja, auf Heimaturlaub, weil das Leben in Deutschland so erlebnislos geplaettet durch den Alltag ist. (Das war aber jetzt wieder gewagt der Herr!) Nichts als die Wahrheit. Irgendwann ist Schluss. Dann schreiben wir einfach nur: Ende. Oder so. Ich mein, dass kann sich doch eh keiner alles durchlesen. Obwohl es ja Leute geben soll die... Zumindest aber nicht meine geliebte Schwester. Die findet nur die Bilder toll. (Musste das jetzt sein Micha? JA.) Ist ja auch was. So erreicht man dann eben doch auch Menschen, die eigentlich keine Zeit und Musse haben zu lesen.

Die Kunas in Naganar waren wieder nett heute. Buergermeister die Hand geben, mit dem ausdruecklichen Hinweis, dass in Kunajala auf Cocosnussklauen, Handabhacken steht (Auch fuer Segler! O.K. Ist uebertrieben, aber es ist verboten); sechs Dollar fuer einen Monat Aufenthalt. In einem Monat darf ich wiederkommen um wieder sechs Dollar zu bezahlen ;-) Fruechte darf man auch nicht klauen und eigentlich ist alles verboten, was nicht ausdruecklich erlaubt wurde und wofuer ein Permiso (Genehmigung) ausgestellt wurde. Ich werde nicht fragen. Schon gar nicht den Buergermeister.

Die Kunas wissen halt das sie ein tolles Land haben und ganz ehrlich: Auf den 360 Paradiesinseln gibt es kein einziges Hochhaushotel, eine Handvoll einfacher Unterkuenfte im Jugendherbergsstil, keinen Club Med, keine Tauchschule, kein Internetcafe, kein Wassertaxi, kein italienisches Restaurant, kein Golfplatz und keine MAC Doof, keine Disco und vor allen Dingen keine Autos!. Ich glaube sogar ein wassergespuelte Toilette zu finden duerfte schwierig werden. Ich mein, das stelle sich doch einer mal vor. 360 Barkardi-Paradiesinseln und keine TUI. Vieles kommt einfach gar nicht rueber bei dem was wir so schreiben, weil wir so sehr in unserer Seglerwelt leben und fuer uns Dinge ganz verstaendlich sind, die fuer andere noch nicht einmal in Vorstellungsnaehe sind. Ehrlich, bei aller Ironie gebe ich diesen Menschen gerne meine Dollars, weil sie versuchen ihr Land auch mit diesem Geld zu schuetzen und unabhaengig bleiben wollen vom Konsum der Staedte und der Zivilisation. Die Kunas verwalten sich selber, unabhaengig von Panama. Und das ist einzigartig fuer einen Indianderstaat in Amerika wenn ich recht infomiert bin.

Es ist spaet geworden. Kurz nachdenkend bin ich in der Haengematte zwischen Focksegel und Mast im leichten Wiegen der Wellen eingeschlafen. Jetzt bin ich nicht mehr nachdenklich, nur noch vertraeumt vom Sterneschauen, Gedankenfliessenlassen. Gut Nacht Maennchen erobern die Lady und mich erst recht.



  • 21:12
  • 28.10.2002
  • 09°30.67'N, 078°37.07'W
  • Coco Bandero/San Blas
  • 28°C
  • VAR

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