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Es geht aufwärts, auswärtz, heimwärtz

Der Geruch von Freiheit zieht unter der Tür durch in meine Zelle.

Nathalie ist aus Düsseldorf zurück und holt mich am Sonntag zum ersten Mal aus meiner Zelle an die frische Luft. Meine Leukos sind bei elf noch was, Hämo hat sich von alleine verbessert auf über sieben. Für den Nicht-Krebskranken allerlei Hieroglyphen, für mich mein derzeitiger Alltag. „Ab Morgen entlasse ich sie für eine Woche, vielleicht auch 10 Tage“, meine Frau Dr. Basara, ich könnte sie so in den Arm nehmen, aber Mundschutz, Haarhäubchen und Latexhandschuhe zeigen schon irgendwie an, dass das grade nicht angesagt ist. Zehn Tage Freiheit, zehn Tage soll sich der Körper von der Chemo erholen, dann bekommt er wieder eine volle Kanonenladung Gift in den ZVK, den Zentralen Venen Katheter, ich werde wieder in Einzelhaft liegen und mich mit wahrscheinlich neuen Nebenwirkungen und Infektionen herumschlagen. Wieder oranges Gift in die Venen und rote Pillen, die man mit den Fingern nicht anfassen darf, weil sie zu giftig sind. Mit Nathalie sitze ich auf dem Bänkchen, im Garten des Krankenhauses. Sie jetzt ohne Mundschutz, ich dafür mit. 30 Minuten Luft holen, eine Tafel Schokolade in Mund zergehen lassen. Diät ist derzeit nicht angesagt. Ich bin froh wenn ich bei 90 kg bleibe. Mein erster Freigang nach einem Monat Isolation und Chemo. Morgen werde ich entlassen. Was mache ich mit der Zeit? Was macht man mit einer Woche Zeit, wenn es danach wieder in die Zelle geht? Ich bin total überfordert. Klar, ich nehme mir Maya Lena, wir fahren weg. Den Hund darf ich leider nicht sehen. Zu viele Keime. Lars kommt für eine Woche in die Hundepension. Immer wenn ich mal nach Hause komme. Also. Was mache ich eine Woche? Eine Woche drüber nachdenken was man machen sollte, könnte, was nicht? Wir fahren an die Nordsee. Ein paar Tage am Strand spazieren gehen. Das hört sich nach einem Plan an. Lena meint, ich soll viel essen, damit ich wieder dicker werde. Das war vorgestern. Inzwischen bin ich wirklich zu Hause. Was mir nicht klar war an der ganzen Situation, dass mein Körper so rapide fertig von der Chemo ist, dass ich aus dem Stuhl aufstehe und einfach umfalle. Mir fehlt jegliche Kraft um lange Strecken spazieren zu gehen. Kurz vorm Rollator würde ich sagen. Und das macht mir Angst. Ist das der Preis? Vielleicht kein Krebs mehr, aber auch keine Kondition um in den zweiten Stock laufen zu können? Nathalie beruhigt mich, aber so ganz sicher ist sie sich auch nicht, was von der Leistungsfähigkeit nach sechs Chemotherapien noch übrig bleibt. Mir ist kalt. Zum einen weil mir die Haare auf dem Kopf fehlen, aber auch, weil ich einfach zu wenig Blut in meinem Körper habe und mein Knochenmark, verständlicher Weise, nicht wie bei jedem von euch eher zu viel, als viel zu wenig davon produziert. Die erste Nacht zu Hause schlafe ich mit drei T-Shirts und meiner dicken Jogging Hose und Socken. Aber im Krankenhaus habe ich das auch gemacht. Die Sonne scheint, unserer Volvo glänzt mit einer kaputten Lichtmaschine. Unser Schrauber meint 600 Euronen. „Micha nicht aufregen. Hat Frau Professor gesagt.“ Morgen bekommt er jetzt die Lichtmaschine direkt von mir in die Werkstatt geliefert und baut mir die mit Murren für nen Fuffi ein. Natalie nicht doof, weiß eh dass das alles nicht klappt und mietet ein Fiat Mini, wir raus nach Glücksburg. Wie gesagt die Sonne scheint und es sind 22 Grad. Ich sitze mit zwei T-Shirts und zwei Jacken und friere endlich mal nicht mehr. Beim Versuch dieses Mäuerchen hochzusteigen falle ich wieder mal um. „Papa. Alles klar?“ Irgendwie wird klar. Ich bin zwar raus aus dem Krankenhaus, aber gesund und munter. Davon kann nicht die Rede sein. Immer mehr Leser und Bekannte melden sich bei mir, die auch Leukämie hatte, Hoden- und Prostatakrebs, Darm und Brust. Sie sprechen mir alle zu. Gut zu. „Toll das Du darüber schreibst.“ Was die meisten nicht kennen ist die Umkehrisolation. Ich will es auch nicht erklären. Für mich ist die Hauptsache dass ich noch ein paar Tage bei meinen Kindern und Nathalie sein kann. Der Rückhalt in der Familie ist einfach unglaublich wichtig. Kein einfacher Job, den meine Familie, vor allen Dingen Nathalie macht. Morgen sehen wir Maren und Christian, Mitsegler in Cuba 2016. Freue ich mich schon. Gemeinsames Grillen, die Kinder spielen und wir reden nicht über meine Krankheit. O.K.? Stand Klingelbeutel: >1.000. Tausend Dank noch mal an alle Spender. Ich kann keine personalisierte Dankesschreiben für jede Spende schreiben. Ich find euch alle toll, wie ihr mich hier unterstützt.



  • 16:00:00
  • 16.08.2016
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