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Rückläufig

Fortschritte Richtung Wasser

Luis arbeitet langsam. Er lässt die Farben gut trocknen und streicht und rollt gewissenhaft. Eine Woche hat er das ganze alte Antifouling runtergekratzt, dann geschliffen wie ein Weltmeister, Antirostschutzfarben, jetzt ist er beim Primer angelangt. Eigentlich ja gut, wenn die Skipper es nicht so eilig hätten. Mein Count Down App auf dem iPhone läuft jetzt rückwärts und wir sind seit zwei Wochen und vier Tagen in Buenos Aires. Mir kommt es vor, als wären wir gestern angekommen. Die Grenze vom Urlaubsgefühl zum Alltag kommt näher.

Unsere Lebensgewohnheiten haben sich etwas geändert. Als ich noch mit Stefan Ende letztes Jahr in Mar de Plata war, gab es jeden Tag ein dickes argentinisches Steak und mindestens eine Flasche Rotwein am Nachmittag und mindestens eine am Abend. Dazu noch ein Kurzer, für die Verdauung. Dieses süße Leben ist jetzt vorbei. Das hat mehrere Gründe. Der dickste Grund ist das Gewicht auf der Waage. Der wichtigste Grund das nicht mehr Rauchen. Der eigenartigste Grund ist zumindest bei mir mein veränderter Geschmack. Seit dem ich mein komplett neues Gebiss habe, in edler Vollkeramik, schmecke ich ganz anders. Nicht unbedingt besser, sondern eher einfach weniger. Kann natürlich gar nicht sein. Ist aber auch egal. Ist halt so und zu ändern ist da gar nix dran. Die Folgen sind komisch. Salat mit Fisch schmeckt besser als bestes Filet mit Pommes. Rotwein hat keinen besonderen Reiz mehr für mich. Nach zwei Gläsern leg ich mich binnen 30 Minuten hin und schlafe. „Das liegt daran, dass Du es nicht mehr gewohnt bist“, meint die Capitana. Statt wie früher und wie in Deutschland, jeden Tag ein Flasche, trinken wir jetzt lediglich Sonntags eine Flasche, Nathalie und ich.

Wir hängen immer noch im Apartment, doch am Mittwoch ziehen wir wieder aufs Boot, egal ob es schon im Wasser ist oder nicht. Wir können uns das Apartment einfach nicht länger leisten, wollen auch zurück aufs Boot und die Kinderkabine ist heute fertig geworden. Die seit Jahren zum Teil ungestrichenen Wände sind jetzt farbig, der Fußboden ist ergänzt, die Tür und Regale ebenfalls neu gestrichen. Wegen den Schweißarbeiten muss im Vorschiff noch gestrichen werden, aber das können wir auch machen wenn wir im Wasser sind. Die restlichen Holzarbeiten ebenso.

Das Leben ohne Kindermädchen ist anstrengend. Eigentlich sollte Marcia aus Brasilien ja kommen, das hatten wir schon von Deutschland aus organisiert. Aber Marcia hat sich in Luft aufgelöst und wir gehen nicht davon aus, dass sie plötzlich aus dem Himmel auf die LADY fällt. Marcia sollte den Kindern Spanisch beibringen und uns am Nachmittag den Rücken frei halten um am Boot zu arbeiten. Jetzt lernen die Kinder leider kein Spanisch und am Nachmittag spielen sie an Bord, wenn Nathalie und ich am Boot arbeiten. Geht alles, ist aber komplizierter als geplant. Was wirklich schade ist, dass Nathalie und ich abends nicht gemeinsam in die Stadt können. Wir können Maya und Lena ja nicht einfach alleine zu Hause oder auf dem Boot lassen. Und so tanzen wir Tango im Wohnzimmer und ab nächste Woche auf dem leeren Tennisplatz des Yachtclubs. Den gemeinsamen Tangokurs können wir uns abschminken oder haben das schon getan, weil wir einfach keine Kinderbetreuung gefunden haben in der kurzen Zeit. Schade. Schade für Nathalie, dass sie die ganzen Milongas nicht kennenlernen kann, dass sie keinen Kurs mit mir machen kann. Aber so ist das halt. Wer Kinder will und glücklich damit ist, der hat die Folgen zu tragen. Tango kann man ja auch noch tanzen, wenn die Kinder vom Boot sind. Genau ;-(

Auch ansonsten ist das ganze Leben nicht so einfach, wie man sich das so denkt. Statt 12 Stunden im Krankenhaus zu sein, ist Nathalie jetzt Vollmutter, Kindergärtnerin und Lehrerin. Upps, das ist schon eine ordentliche Veränderung. Dazu den ganzen Tag den Mann sehen, Werftaufenthalt. Auch ich habe mich noch nicht an die Dauerbelastung Familie gewöhnt. Und die Kinder? Die stehen auch schon mal morgens auf und das erste was sie sagen. „Fahren wir heute nach Deutschland.“ Sprich, um so sehr wir uns alle auf unser neues Leben gefreut haben um so sehr hadern wir auch mit den Folgen der alltäglichen, direkten Konfrontation, der Enge, der Veränderung. Ist wohl doch alles nicht so einfach, wie man sich das so denkt. Nathalie und ich, wir liegen uns auch schon mal gerne in den Haaren, die Nerven blank vom Leben, Alltag, vom Dreck, von der Erziehung. Wir freuen uns bald wieder in See zu stechen, ein paar Wochen einfach mal weg aus dieser großen Stadt zu kommen, an Orte, die etwas übersichtlicher sind. So lange wird das nicht mehr dauern. Durchhalten. Genau. Das tun wir.



  • 21:12:00
  • 24.09.2011
  • 34°32.3023'S, 058°27.1175'W
  • 0°/0kn
  • Buenos Aires / Argentinia
  • Rosario / Argentinia
  • 20°

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